Kuh-Start
Kuh-Geschichte Nr.
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Nr. 6 vom 19. März 2002
Ei Gude, Leute!
Sicher habt Ihr schon sehnsüchtig auf die nächste Folge gewartet...stimmt’s??
Naja, wo war ich denn stehengeblieben....
Also in der letzten Woche gab es nicht so besonders viel besonderes,
deshalb habe ich meine Berichterstattung auch ein wenig schleifen lassen.
Eine Kuh (Nr. 223, genannt Torte) lief urplötzlich so schlecht, als
ich sie in den Melkstand trieb. Hab dann gesehen, daß über der
rechten Klaue alles dick geschwollen und rot war. Der Chef hat dann gleich
den Tierart bestellt, der sich das vorgeknöpft hat. Erstmal im Klauenpflegestand
den Dreck vom Fuß wegmachen, nach dem ersten Schnitt sah die Klaue
ganz gut aus. Der zweite brachte die Sauerei dann explosionsartig ans Tageslicht.
Unter bzw. über der Klaue war ein richtiges Loch, da hätte man
fast einen Schlepper drin parken können! Natürlich richtig blutig
und eitrig. Der Tierarzt hat das ganze faule Gelepp dann weggeschnitten,
und die arme Torte hat natürlich rumgejammert. Naja, für uns
ist das vergleichbar mit nem eingewachsenen Zehennagel. Ist ja net so angenehm.
Dann hat er ihr ein Klötzchen und einen Verband verpaßt. Eine
Kuh hat ja bekanntermaßen 2 Klauen, wobei sie aber das Gewicht auf
dem Rand der jeweils äußeren Klaue trägt. Die äußere
war ja nun behandelt. Mit dem Klötzchen läuft sie jetzt auf der
inneren Klaue und die andere kann schön ausheilen. Abends auf dem
Weg in den Melkstand ging sie auch gleich schon viel besser, was auch für
den Rest der Woche so blieb. Nach den ganzen Rumdoktereien, die dann doch
nichts gebracht haben, ist es schön zu sehen, daß eine Behandlung
auch mal was nützt. So ein Viechdoktor schreibt ja außerdem
auch dicke Rechnungen, und der Bauer muß dem Vieh ja sein Geld verdienen.
Die zwei Kälbchen hatten ziemlich Durchfall, waren aber am Donnerstag
wieder fit. Da haben wir sie dann endlich in die Gruppenbucht mit dem Tränkeautomat
gesteckt. Da keine Kälber jetzt mehr in den Boxen waren, habe ich
die mal richtig schrubben dürfen....
Am Samstag haben wir dann den Kälberstall ausgemistet. Dazu
wird eine Wand, die nur aus Holz und einem Windschutznetz besteht abgebaut
und die Mistmatraze mit dem Frontlader rausgefahren. Hinterher mal mit
dem Hochdruckreiniger drüber und sauber isses.
Der Kuh, die so Probleme mit dem Aufstehen hatte ging es zwischenzeitlich
ja ganz gut. Alle dachten, sie wäre auf dem Weg der Besserung, aber
plötzlich ging es wieder bergab. Sie wollte wieder nicht mehr aufstehen
und hat nur rumgestöhnt. Gestern war der Tierarzt ja sowieso wieder
da wegen der Torte (ganz gut verheilt bis jetzt), und der hat dann die
Kuh eingeschläfert. Die quälte sich ja nur rum, hat nen Haufen
Geld gekostet und gibt sowieso nicht viel Milch. Gestern haben wir dann
auch die trockenstehenden Kühe entmistet. Eine Gruppe von denen durfte
deswegen schonmal auf die Weide (die müssen ja irgendwohin, sonst
sind die Viecher ja nur im weg...). War ein richtig idyllischer Anblick,
wie sie so unter dem blauen Himmel auf der grünen Wiese standen....
Naja, das reicht mal, heute hatte ich übrigens frei. Mal sehen
was der Rest der Woche wieder für Überraschungen bringt.
Gehabt Euch wohl,
Tim-.
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Nr. 7 vom 01. April 2002:
Hallöchen!
Sicher habt Ihr schon wieder gewartet... hier nun die voraussichtlich
letzte Kuh-Mail-Folge, da mein Praktikum übermorgen zu Ende ist.
Nachdem ja seit Wochen keine Kälber mehr kamen, wurde es langsam
mal wieder Zeit. Schuld an der Leere in der Kälberbox ist der Bulle
Stefan, der nicht gleich angefangen hat zu „arbeiten“, als er auf den Hof
kam. Eine von den trockenstehenden Kühen haben wir am Ostersamstag
schonmal in den Abkalbestall getrieben, weil sie mächtig Euter gemacht
hat. Aber es geschah nichts... Am Samstag habe ich fast den ganzen Tag
mit der Wiesenschleppe Äcker geschleift, nachdem am Donnerstag schon
mal ein paar Wiesen dran waren. Es macht mir schon immer riesig Spaß,
große Autos zu fahren, aber so’n Case IH Schlepper is auch nicht
schlecht!!
Am Ostersonntag nachmittag hat dann ein Rind sein erstes Kalb bekommen,
das wir noch nicht aussortiert hatten... In der Nacht zum Dienstag nach
Ostern hat dann endlich auch die andere Kuh gekalbt. Also habe ich nun
noch die letzten Tage zwei kleine Kuhkälber zu füttern.
Der ehemalige Lehrling vom Hof hat ja nicht nur ein Stück Braunvieh
auf dem Hof stehen und seit zwei Wochen 30 Hühner zuhause. Er hat
auch einen alten Schlepper (13er Eicher) mit Ein-Schar-Pflug und Egge.
Und dazu hat er auch tatsächlich ein Stück Land, auf dem er morgen
Kartoffeln setzen will. Dazu hat er sich aber den alten 40er-Deutz von
uns und vom Nachbarn eine Kartoffelsetzmaschine geliehen. Mal sehen, vielleicht
fahr ich mit, hinten drauf müssen zwei Leute sitzen, die die Kartoffeln
in die Maschine nachlegen.
Dann haben wir letzte Woche auch noch einen hohlen Apfelbaum fällen
müssen. Dabei mußten wir leider ein paar Hundertausend
Roßameisen ohne Obdach zurücklassen, die sich in dem Baum wohl
sehr wohlgefühlt haben. Naja, der Grünspecht wird sich gefreut
haben und unter Naturschutz stehen die Krabbler meines Wissens auch nicht.
Ansonsten gab es keine besonderen Vorkommnisse mehr. Heute abend beim
Melken kam mit der zweiten Gruppe eine Kuh in den Melkstand gerannt und
gesprungen, als hätte sie sich richtig gefreut, daß sie die
erste war.
Das war’s dann vorläufig mal mit den Berichten vom Bauernhof. Beim
Weideauftrieb nach Krumbach will ich nochmal dabeisein, aber das ist erst
Ende April.
Am Montag geht dann die Uni wieder los.
Wünsche noch nachträglich Frohe Ostern gehabt zu haben.
Bis dann,
Tim-.
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oben]
Nr. 8 vom 03. April
2002:
Hallo nochmal,
erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Heute gab es nämlich
außer der Ankunft der ersten Rauchschwalben doch noch etwas besonderes:
Eine schwere Geburt. Wieder war ein Rind mit seinem ersten Kälbchen
an der Reihe, aber es guckte nur ein Bein raus. Da kam dann abends noch
der Tierarzt, das andere Bein hing hinter dem Becken fest. Nach ein wenig
Geruckel und Geschiebe hat er es dann frei bekommen, und Patrick, der Arzt
und ich konnten den kleinen Bullen endlich rausziehen. Als es dann draußen
war, ging ansonsten alles glatt. Naja, fast alles, denn der Tierart hat
festgestellt, daß ein älteres Kalb Kälbergrippe hat...
in drei Tagen ist sicherlich der Rest auch krank.
Die Kuh jedenfalls hat jetzt wohl erstmal die Nase voll vom Kälberkriegen...
Bulle Stefan hat damit jetzt eine Tochter und einen Sohn.
So, Schüß nun,
Tim-.
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Nr. 9 vom 02. April 2003: Lotte und das Rote Höhenvieh
Hallo Ihr lieben!
Die meisten haben es ja schon mitbekommen - zum Geburtstag hab ich eine
Kuh geschenkt bekommen! Seit Samstag ist das schlaue Tier in Krofdorf,
z. Zt. untergebracht im Stall von Astrid Steinhoff die eine Herde vom Roten
Vogelsberger Höhenvieh hält. Zum Beweis (naja, Kritiker können
natürlich behaupten, daß das einfach eine Kuh ist) schicke ich
euch hier ein Foto von der Lotte, die im Juni ein Kälbi kriegen wird.
Naja, so ne ganz reine Vogelsberger Kuh isse nich,
sieht man am dunklen Flotzmaul (für Nicht-Landwirte: Die "Nase" einer Kuh), das sollte
eigentlich hell sein. Aber sie kann Kälbis mit hellen Nasen kriegen,
was man an der Vorführ-Kuh Frieda, ihrer Tochter sieht (die ist übrigens
auf der Seite www.rotes-hoehenvieh.de unter Zuchtinformationen -> Fotogalerie
-> aktuelle Bilder von Kühen -> das unterste Bild zu sehen). Sie ist
etwas drahtig, aber bei den Rindern ist es wie beim Menschen - manche ha’m
mehr auf den Rippen, an’ere können alles in sich reinschaufeln und
man sieht es nicht. Astrid hat sie schon mit Möhren, Haferflocken,
Zuckerrübenschnitzeln und allem Zeug vollgestopft, aber sie bleibt
so - dafür frißt sie dann ihr Heu nicht mehr (wie ein Kind das
vor dem Essen zuviel nascht...).
Natürlich hab ich auch meine Homepage (www.greentime-wettenberg.de.vu)
gleich ergänzt!
Übrigens auf Astrids Weide an der Krokel in Krofdorf hopsen im
Moment fünf Kälbchen 'rum.
So, genug geschreibselt,
beste Grüsse,
Euer Tim-.
[nach
oben]
Nr. 10 vom 14. Mai 2003: Es grünt so grünes Gras!
Hallo und Tach auch!
Meine mittlerweile allseits bekannte Kuh Lotte und noch fünf andere
– Kuh Frieda mit Tochter Friederike, Kuh Klara und die Rinder Anni und
Lotti – standen ja bis kurz vor Ostern bei Astrid zu Hause im Stall. Lotte
in einer Box neben den beiden „Kleinen“, Anni und Lotti; in der Scheune
Klara und Frida mit Friederike. Am Gründonnerstag haben Astrid, Martina,
Klaus, Werner und ich die Tiere dann auf die Weide gebracht. Vor allem
Lotte hat – möglicherweise aus Langeweile – sehr viel gebrüllt,
weswegen sich Astrid Beschwerden von Nachbarn anhören musste und sich
mittlerweile in Rekordzeit anziehen kann: Lotte hatte nämlich spitzgekriegt,
wie sich das anhört, wenn morgens jemand aufsteht und beispielsweise
auf’s Klo geht. Dann hat sie Krach gemacht und die anderen haben es ihr
nachgemacht. Naja, wie gesagt – es ging also auf die Weide. Zuerst mal
den Treibwagen vor das Hoftor rangiert und die halbe Hauptstraße
zugestellt... Dann zuerst Lotte, Anni und Lotti raus. Lotti wollte nicht
aus ihrer Box – mit drei Leuten war sie dann doch dazu zu bewegen.
Alle waren sie aufgeregt, was es ja allein auf dem Hof interessantes
zu sehen gab: Eimer, Blumenkübel, Besenstiele... Die beiden kleinen
wussten nichts so recht mit dem Wagen anzufangen, haben sich an Lotte gedrückt
und sind dann aber brav mitgelaufen. Das war ein Spektakel – mit dem breiten
Treibwagen und den Kühen dadrin durch’s Dorf zu laufen. Wegen der
Mittagszeit war zum Glück nicht viel Verkehr. Auf der Weide angekommen
wurden sie dann wieder nervös, als wir mit dem Treibwagen wieder weggefahren
sind.
Die zweite Fuhre bestand dann aus Frieda, Friederike und Klara. Wir
sind zweimal gefahren, weil sich die beiden Dreier-Gruppen nicht kannten
und Astrid nicht wollte, dass die Rangordnung im Wagen ausgeboxt wird.
Das geschah dann auf der Weide. Meistens so nebenbei im Vorbeigehen verpasste
Lotte den anderen einen Tritt oder einen Schubs, so dass sie die Leitkuh
ist.
Am Dienstag wurde diese kleine Herde (die große Herde stand den
ganzen Winter über draußen: 6 Kühe, 1 Ochse und 5 Kälbchen)
schon das zweite Mal umgestellt. Der Treibwagen sollte eigentlich nur pro
forma vorneweg fahren, die Kühe sollten gemächlich hinterher
laufen, es war ja nicht weit, und der Wagen musste um eine Spitzkehre fahren,
weswegen sich das mit Kühen drin schlecht gemacht hätte. Also,
Strom am Zaun aus, Schlepper rein, Wagen angehängt. Kühe nach
oben zum anderen Tor gescheucht, Schlepper in „Startposition“ hinter den
Zaun. Dann soll’s los gehen, also Zaun auf, Schlepper fährt und ich
stand da mit meinem Eimer voller Hafer. Eine ist neben dem Wagen hergelaufen,
zuerst kam Lotte und dann noch vier andere brav hinter mir her. Lotti wollte
mal wieder nicht raus. Zum Glück waren genug Leute da, die sie mit
etwas Verspätung dann noch auf die Weide scheuchten, weil sie immer
in die falsche Richtung laufen wollte. Die Kuh neben dem Wagen konnte inzwischen
nicht weiter, weil sie vor einer Hecke stand – links der Wagen, rechts
ein Graben, da musste sie warten, bis der Wagen vorbei war. Ich immer dem
Wagen nachgelaufen mit „Kooooomt!“ und die Kühe mir hinterher. Noch
vor der Kurve rannten die fünf dann in den Treibwagen. Naja, auch
gut! Als er auf der neuen Koppel dann stehenblieb, haben sie erst einen
Moment gebraucht, um zu kapieren was los ist. Und dann: Kühe raus
aus dem Wagen, Lotti noch auf die Weide und mit vollem Jubel-Tempo und
senkrecht aufgestelltem Schwanz bis ans andere Ende der Koppel galoppiert.
Dabei natürlich die Hinterbeine hochgeschmissen wie die kleinen Kälbchen.
Vor dem Zaun Vollbremsung, umsehen und dann mit Vollgas wieder zurück!
Das war echt ein Schauspiel, ein paar Minuten lang ging das so, bis Ruhe
einkehrte. Klara stand mitten in einem 50cm hohen Wiesenschwingel-Bestand
und nahm die Blütenstände der Grashalme auf die Hörner...
Am Samstag zuvor war Friederike „osselig“ wie man das in Mittelhessen
so sagt. Das bezeichnet den Zustand einer paarungsbereiten Kuh, auf Hochdeutsch
ochselig, stierig oder rindern. Die hat die ganze Herde nervös gemacht.
Am Mittwoch war dann Klara an der Reihe. Das hat sich zwar nicht auf die
Herde übertragen, aber sie ging der Lotte wohl sehr auf die Nerven,
da sie ständig an ihr hing. Lotte hat sich natürlich gewehrt...
Daß viele Leute quasi keinen Bezug mehr zur Produktion unserer
Lebensmittel haben, habe ich am Sonntag wiedereinmal erlebt. Der NABU hatte
zur naturkundlichen Familienwanderung eingeladen. Erster Exkursionspunkt:
Die Höhenvieh-Herde. „Wer’n die net gemolke?“ war eine Frage. Nein,
die nicht. Das sind nämlich Mutter- und keine Milchkühe. Eine
Kuh gibt wie jedes andere Säugetier auch nur Milch, wenn sie ein junges
hat. Und in der Mutterkuh-Haltung ist es so, dass die Milch das Kälbchen
kriegt, das wird nämlich von seiner Mutter aufgezogen. Im Gegensatz
in der Milchvieh-Haltung, da bekommen die Kälber Milchersatz am Automaten
und der Bauer kriegt die Milch, weil er die ja verkaufen und davon leben
will.
Ich nehme das keinem übel – es gibt keine blöden Fragen.
Es zeigt mir aber, dass für die Landwirtschaft noch viel Arbeit in
die Öffentlichkeitsarbeit gesteckt werden muss. Ich hoffe, dass ich
hiermit einen winzig kleinen Beitrag leiste...
Schönen Gruß, Tim-.
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